Der einsame Tod des King of Rock
Vor 75 Jahren wurde Elvis Presley geboren - nur 42
Jahre später brach er tot in seinem Badezimmer zusammen.
Um die letzten Tage seines Lebens ranken sich die
irrsten Mythen. Starb Elvis an Drogen, Fast Food,
Einsamkeit?
Einestages rekonstruiert die
letzten Tage im Leben des King of Rock'n'Roll. Von
Ariane StürmerAm frühen Nachmittag hörte Ginger ein
Geräusch, als fiele ein schwerer Gegenstand auf den
Boden. Elvis Presleys damalige Freundin war müde, sie
hatte sich erst in den Morgenstunden schlafen gelegt.
Trotzdem stand sie beunruhigt auf, tappte ins Badezimmer
- und fand ihren Geliebten auf dem Boden liegend, mit
dem Gesicht nach unten in einer Lache von Erbrochenen.
Sie rief Bekannte zu Hilfe, die ebenfalls in der
18-Zimmer-Villa übernachteten, diese starteten sofort
Wiederbelebungsversuche und alarmierten den Notarzt.
Gegen 14.30 Uhr trafen die Sanitäter ein. Sie wuchteten
den 250 Pfund schweren Mann in den Krankenwagen, rasten
ins Hospital. Umsonst. Um drei Uhr am Nachmittag des 16.
August 1977 konnten die Ärzte des Baptist Memorial
Hospital in Memphis schließlich nur noch den Tod von
Elvis Aaron Presley feststellen. Der King of Rock'n'Roll
war an Herzversagen gestorben. Mit 42 Jahren.
Bis heute kursieren die verrücktesten Gerüchte über
seinen Tod - und darüber, dass der King an diesem Tag
gar nicht wirklich gestorben ist. Viele können sich
nicht vorstellen, dass der King einfach so vom Klo
gekippt ist. So mancher, der sich nicht bis ins Detail
mit dem Thema beschäftigt hat, malt sich die letzten
Tage von Elvis wohl etwa so aus: Presley dämmerte in
seiner riesigen Villa einsam und allein in einem nicht
endenden Drogenrausch, ballerte mit einer Waffe um sich
und stopfte Unmengen von Fast Food in sich hinein.
Die letzten Tage einer Legende
Die Wirklichkeit war weit banaler. Der King hatte
Zahnweh, Verstopfung und konnte vor Aufregung wegen
seiner unmittelbar bevorstehenden Comeback-Tournee nicht
schlafen. Doch in einem haben sie recht: Während seiner
letzten Tage hielt sich Elvis Presley hauptsächlich in
seiner Villa in Memphis auf. Doch nicht allein. Sein
Cousin Billy Smith war da, sein Manager Joe Esposito,
seine Freundin Ginger Alden, sein Sicherheitschef Dick
Grob und einige andere, die die Maschinerie rund um den
Elvis-Hype am Laufen hielten.
Sonntag, 14. August 1977, zwei Tage vor Elvis' Tod:
Billy Smith ging ins Schlafzimmer seines Cousins, um mit
ihm Details der geplanten Tour zu besprechen. Am
Mittwoch sollte es losgehen. Smith erinnerte sich
später, dass Elvis in einem dunkelblauen
Seidenpyjama mit hellblauen Streifen auf seinem Bett
saß, Witze riss und herumalberte. Zudem beklagte er sich
darüber, dass der neue Bühnenanzug schlecht sitze und er
im Übrigen ohnehin zu fett geworden sei. Später an
diesem Tag drehte er noch eine Runde mit der Harley.
Montag, 15. August, einen Tag vor seinem Tod: Presley
musste zum Zahnarzt. Eine Krone hatte sich gelöst. Und
weil Elvis bevorzugt tags schlief und nachts wach war,
hatte man ihm einen Termin um 22.30 Uhr eingeräumt. Der
Arzt aber konnte das Problem nicht ohne weiteres lösen,
Elvis musste sich mit einem Provisorium begnügen.
"Schlaf nicht ein"
Dienstag, 16. August 1977, der Tag seines Todes: Zurück
in seiner Villa trieb es Elvis um. Gegen halb eins in
der Nacht verlangte er, den Kriegsfilm "MacArthur - Held
des Pazifik" mit Gregory Peck in der Hauptrolle im Kino
zu sehen. Der Betreiber des nahegelegenen
Ridgewood-Kinos versuchte, seine Bediensteten aus dem
Feierabend zurückzuholen - ohne Erfolg. Sein Wunsch
blieb Elvis verwehrt. Zwischen halb zwei und vier Uhr
sprach er mit seinem Security-Chef Dick Grob. Mehrmals
erinnerte er diesen daran, auch ja nicht die
Notenblätter von vier neuen Songs zu vergessen, die er
unbedingt während der Tour spielen wollte. Als Grob
ging, soll Elvis sinngemäß gesagt haben: "Ich werde
großartig sein, mein Leben fängt noch einmal ganz von
vorne an."
Zunächst aber wirkte die Zahnbehandlung nach. Elvis
schickte seinen Stiefbruder Rick zur Nachtapotheke. Um
halb fünf Uhr morgens schließlich ging der King in seine
Sporthalle, um sich bei einer Partie Racquetball mit
seinem Cousin, dessen Frau Jo und seiner Freundin Ginger
die Zeit zu vertreiben. Es soll ein lasches Spiel
gewesen sein, bei dem Elvis hauptsächlich herumalberte
und schließlich abbrach. Dann setzte er sich an das
Klavier, das in der Sporthalle neben Bar, Flipper,
Stereoanlage, Plüschsofas und Stühlen stand und spielte
den Countrysong "Blue Eyes Crying In The Rain". Gegen
7.30 Uhr morgens verabschiedete er seinen Cousin mit den
Worten "Billy, Junge, das wird meine beste Tour."
Verschwitzt kehrte er in seine Zimmer zurück, duschte
und ließ sich von der Frau seines Cousins die Haare
fönen. Anschließend legte er sich zu Ginger ins Bett,
nicht ohne vorher die tägliche Pillendosis - ein
Cocktail, der unter anderem aus Schlaftabletten,
Abführmitteln und Beruhigungstabletten bestand -
genommen zu haben. Als Elvis dennoch nicht einschlafen
konnte, nahm er weitere Schlaftabletten und etwas später
wohl noch eine dritte Dosis - nichts half. Schließlich
griff er ein Buch über Jesus und ging ins Badezimmer.
Ginger soll ihm geraten haben: "Schlaf dort nicht ein".
Die letzten Worte von Elvis Aaron Presley waren
angeblich: "Das werde ich nicht." Er tat es doch. Für
immer. Und machte ein Geräusch, als würde ein schwerer
Gegenstand auf den Boden fallen, als sein Körper von der
Toilette rutschte und auf den Badezimmerfliesen
aufschlug.
Zu Tode massiert?
Warum das Herz des Rock'n'Roll-Titanen allerdings den
Dienst versagte, ist umstritten. Die einen sagen, es war
die Fettleibigkeit. Andere sagen, es war der
Medikamenten-Cocktail. Dem aber wiedersprechen Ärzte,
die das Blut des toten Elvis untersuchten. Die Zahl der
gefundenen Substanzen schwankt je nach Bericht. Es
dürften etwa zehn verschiedene gewesen sein, darunter
Codein, Morphin und Valium. Dr. Jerry T. Francisco, der
bei der Obduktion der Leiche des King of Rock'n'Roll
dabei war, sagte, Elvis Presley wäre auch dann tot vom
Klo gefallen, wenn er die Medikamente nicht zuvor
geschluckt hätte: Laut Francisco hatte er Bluthochdruck
und kranke Herzkranzgefäße.
Dick Grob und andere Elvis nahestehende Personen sagten
zudem später aus, Elvis habe an Knochenkrebs im
fortgeschrittenen Stadium gelitten - deshalb die vielen
Medikamente. Wieder andere Bekannte wollen zudem von
Diabetes und einem schweren Leberleiden gewusst haben.
Weil eine Untersuchung außerdem ergab, dass der Dickdarm
mit einer "lehmartigen Masse" gefüllt war, vermutete die
"Tageszeitung" 1999, der King of Rock'n'Roll habe sich
während der Stunden vor seinem Tod den Bauch massiert
und dabei die Aorta eingeklemmt, was letztlich zum
Herzversagen führte. Elvis Aaron Presley hätte sich
demnach also selbst zu Tode geknetet.
Und dass er tot war, daran ließ der obduzierende
Mediziner keinen Zweifel. Er soll der Australischen
Broadcasting Corporation ABC im Jahr 2002 gesagt haben,
dass bei einer Autopsie Herz, Gehirn und innere Organe
entfernt würden. "Wenn Elvis nicht tot war, bevor ich
die Autopsie machte", fügte er lakonisch hinzu, "war er
es mit Sicherheit danach."
Der King ist tot - es lebe der King
Das aber wollen viele Menschen nicht glauben. Es gebe zu
viele Ungereimtheiten, ist der Tenor. So spross über die
Jahre ein ganzer Blumenstrauß wilder
Verschwörungstheorien. Da sind zum Beispiel die
DNA-Proben, die der Presley-Fan und Baptisten-Prediger
Bill Beeny verglichen haben will. Sein Ergebnis: Die
Proben von Elvis' DNA von vor und nach seinem Tod
stimmen nicht überein. Da gibt es das Gerücht, in dem
aufgebahrten Sarg habe gar nicht Elvis gelegen, sondern
ein Wachsimitat, das zudem schon bei der Trauerfeier zu
schmelzen begonnen hätte. Da ist der Fakt, dass bisher
noch niemand die Lebensversicherung von Elvis in
Anspruch genommen hat. Da sind die Vermutungen, nach
denen der King of Rock'n'Roll angeblich vom KGB entführt
worden sein soll, um anlässlich eines Parteitages der
KPdSU zu singen. Seither hause er auf einer Datscha nahe
Moskau, nenne sich Evgeni Preskov und sei im Übrigen
pensioniert. Und da sind natürlich die zahlreichen
Elvis-Sichtungen auf der ganzen Welt.
Am Ende lässt es sich nicht mit letzter Sicherheit
beweisen, dass Presley wirklich, wirklich, wirklich tot
ist. Aber - mal Hand aufs Herz - alles andere scheint
ausgesprochen unwahrscheinlich. Letzte Gewissheit dürfte
die Welt im Jahr 2027 erlangen: Dann nämlich wird der
versiegelte Autopsiebericht der Öffentlichkeit
zugänglich gemacht.
Quelle: Spiegel online
Euer
Erwin Lisser |